Europa bedeutet für mich vor allem ein friedliches Umfeld, ein Miteinander trotz großer kultureller Unterschiede
Europa bedeutet für mich vor allem ein friedliches Umfeld, ein Miteinander trotz großer kultureller Unterschiede. Es bedeutet auch unerschöpfliche Möglichkeiten der Entdeckung und des Kulturgenusses. Ich bin in Friedenszeiten aufgewachsen, habe aber die Kriegsgeschichten meiner Großmutter als sehr prägend empfunden, und die Trennung Europas durch den eisernen Vorhang noch miterlebt. Ich erinnere mich an den Stacheldrahtzaun, der die Grenze zwischen Österreich und der damaligen Tschechoslowakei markierte, sehe noch die Soldaten mit ihren Maschinengewehren auf ihren Wachtürmen stehen. Friedliche Zeiten, wie wir sie seit dem Ende des zweiten Weltkrieges in der Europäischen Union genossen haben, sind nicht selbstverständlich. Um uns herum brodelt es, immer wieder drohen die Folgen von Krieg, Armut, Katastrophen, Terror auch zu uns zu kommen, in welcher Form auch immer. Die Reaktion unserer mehrheitlich gewählten Politiker (und was sind das für Menschen, die solche Regierungen wählen?) finde ich erschreckender als die eigentlichen „Bedrohungen“, gegen die hier Angst geschürt wird. Angst um unseren Wohlstand, Angst, dass nicht alles so bleibt wie es ist, dass wir am Ende anderen ein Stückchen unseres Wohlstandes abgeben könnten – und die Lösung: Abschottung, Abgrenzung? Man hat anscheinend vergessen, warum Grenzen geöffnet wurden, warum Abgrenzung nie zielführend sein kann. Manche scheinen auch zu vergessen, wie gut es uns allen – vergleichsweise jedenfalls – geht.
Ich habe viele Jahre in den USA und anderen Ländern außerhalb Europas gelebt. Mir ist bewusst, welche Gnade es ist, hier geboren zu sein, hunderte Jahre von Kulturgeschichte quasi als Selbstverständlichkeit absorbiert zu haben. Ich liebe die kulturelle Vielfalt, liebe es, grenzenlos reisen und arbeiten zu können, in einem Umfeld mit so viel alter Kultur leben zu dürfen. Umso schlimmer finde ich es, dass diese Freiheiten, die für uns so selbstverständlich geworden sind, durch populistische und andere Menschen verachtende Politik eingeschränkt werden, dass die Grundprinzipien der Europäischen Union in Frage gestellt werden. Wo bleibt die Würde des Menschen, wo bleiben die Menschenrechte? Sollen die etwa nur für manche gelten, nicht aber für andere? So hatte ich die Grundwerte der EU nicht verstanden, und so möchte ich sie nicht verstanden sehen. Ich will kein Europa, dass sich als Bollwerk gegen die Außenwelt definiert. Ich will in einer toleranten Welt leben. Ob ich das noch erleben darf? Hat es die je gegeben, oder ist das nur eine Fantasie?
„Dieses Foto habe ich am 1. Mai 2018 auf dem Wiener Ballhausplatz aufgenommen. Der Ballhausplatz ist das politische Machtzentrum Österreichs, hier befinden sich das Bundeskanzleramt und die Bundespräsidentschaftskanzlei. Er ist aber auch ein Platz mit viel Personen- und Fahrzeugverkehr. So leer wie hier auf dem Bild sieht man ihn tagsüber selten, aber am frühen Nachmittag am „Tag der Arbeit“ findet sich hier nur Freizeitverkehr.
Im Hintergrund sieht man einen Teil der 42 „Anti-Terror“-Poller, die 2017 vor dem Kanzleramt und der Präsidentschaftskanzlei einbetoniert wurden. Diese sollen einen möglichen motorisierten Terror-Anschlag verhindern. Sie waren ein im österreichischen Wahlkampf heiß umstrittenes Thema.Angeblich hat die Errichtung der Poller 488.000 Euro gekostet. Natürlich ist es wichtig, die Regierung zu schützen. Ob diese Maßnahme wirklich einen Terror-Anschlag verhindern kann? Ich weiß es nicht. Es gibt für derartige Verbrechen leider mehr Wege, als mit einem Fahrzeug in ein Gebäude oder in eine Menge zu fahren.“
Karin nahm auch mit einem Blogpost an der Blogparade #SalonEuropa teil.